Wichtig zu wissen: Auskunftsanspruch nach erfolgreicher Kündigungsschutzklage
Ein Arbeitgeber hat Anspruch auf Auskunft, welche Einnahmen der Arbeitnehmer während der Zeit des Annahmeverzugslohnes hatte. Annahmeverzugslohn ist geschuldet, wenn eine Kündigungsschutzklage erfolgreich war. Der Arbeitgeber hat dann die zwischen dem Ende der Beschäftigung und der Entscheidung im Kündigungsschutzprozess angefallene Vergütung nachzuzahlen, den sogenannten Annahmeverzugslohn. Der Annahmeverzugslohn kann gekürzt werden und zwar in Höhe eines anderweitigen Verdienstes des Arbeitnehmers. Gekürzt werden kann der Annahmeverzugslohn gemäß § 11 des Kündigungsschutzgesetzes auch dann, wenn der Arbeitnehmer böswillig eine andere zumutbare Tätigkeit nicht angenommen hat.
Im zugrundeliegenden Fall hatte der als Bauhandwerker beschäftigte Kläger sich erfolgreich gegen gleich mehrere Kündigungen des beklagten Arbeitgebers gewehrt. Der Beklagte leistete in der Zeit vom 01.02.2013 bis zum 30.11.2015 keine Zahlungen an den Kläger.
Im Rahmen der Klage auf Annahmeverzugslohn machte der beklagte Arbeitgeber einen Auskunftsanspruch geltend. Er verlangte widerklagend Auskunft über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter in diesen Zeitraum unterbreiteten Vermittlungsvorschläge.
Das Bundearbeitsgerichts (BAG) entschied in dieser Sache am 27.05.2020, dass ein Arbeitgeber einen solchen Auskunftsanspruch hat. Nach dem 3. Sozialgesetzbuch (SGB III) sind die Arbeitsagenturen verpflichtet, Vermittlungsangebote zu unterbreiten. Gleiches gilt nach dem 2. Sozialgesetzbuch (SGB II) auch für die Jobcenter. Als Grundlage für diesen Auskunftsanspruch stellte das BAG eine Nebenpflicht des Arbeitnehmers nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) fest.
Der Arbeitnehmer muss mitteilen, welche Angebote ihm von der Arbeitsagentur und dem Jobcenter vorgelegt wurden. Diese Auskunft ist vor der Berechnung des Annahmeverzugslohns in Textform zu erteilen, der Arbeitgeber kann also die Auskunft abwarten. Bei der anschließenden Berechnung des Annahmeverzugslohns ist dann zu klären, welche Angebote tatsächlich vorlagen und ob die Nichtannahme eines solchen Angebotes ein böswilliges Unterlassen des Arbeitnehmers im Sinne des § 11 Kündigungsschutzgesetz darstellt. Der Arbeitnehmer muss die Vermittlungsvorschlage unter Nennung von Tätigkeit, Arbeitszeit, Arbeitsort und Vergütung in Textform mitteilen.
Es obliegt dann dem Arbeitgeber zu begründen, warum ein Arbeitnehmer seines Erachtens die Annahme einer der genannten Tätigkeiten böswillig unterlassen hat. Der Arbeitnehmer kann anschließend erläutern, warum die Nichtannahme einer bestimmten Tätigkeit sachlich gerechtfertigt war.
Urteil des BAG vom 27.05.2020, 5 AZR 387/19 Quelle: Urteilsbegründung des BAG
Anmerkung: Das BAG hat mit seinem Urteil das finanzielle Risiko eines Kündigungsrechtsstreits zu Lasten der Arbeitnehmer verschoben. Diese müssen nun während des Rechtsstreits Informationen sammeln und dem Arbeitgeber zur Verfügung stellen. Zugleich sind sie gehalten, zumutbare anderweitige Tätigkeiten anzunehmen. Dies hat zur Folge, dass der ein oder andere Arbeitnehmer dann doch bei seinem neuen Arbeitgeber bleibt und nicht zum alten Arbeitgeber zurückkehren will, mit dem er ja bereits einen Rechtsstreit geführt hat.
©Kirsten Weigmann